Jul 242012
 

Grundsätzlich sind in Deutschland Versicherungsgesellschaften Unternehmen der Privatwirtschaft und können sich aussuchen wen sie versichern. Es steht ihnen frei, bestimmte Risiken oder gar ganze Personengruppen abzulehnen. Und das tun sie auch, aus unterschiedlichsten Gründen. Weil ihnen das Risiko unlukrativ erscheint, weil sie damit schon schlechte Erfahrungen gemacht haben oder weil es nicht zu ihrem Versicherungsbestand passt.

Ich schicke das deshalb vorweg, weil mich immer mal wieder Kunden ungläubig angucken und argumentieren: “…aber irgendwer muss mich doch versichern.” Nein, muss nicht. Wenn es sich nicht gerade um eine Pflichtversicherung handelt.

Berufsunfähigkeits -, Tagegeld – oder Pflegezusatzversicherungen sind zwar sehr wichtige Absicherungen, dennoch sind sie freiwillig. Für Menschen, die nicht zu den vermeintlich “guten” Risiken gehören, ist es so oft gar nicht so einfach einen geeigneten Versicherer zu finden. Welche Risiken von einem Versicherer als überhaupt nicht “gut” eingestuft werden, sieht man schon dessen Annahmerichtlinien an.

Wie sehen Annahmerichtlinien aus ?

Üblicherweise regeln Annahmerichtlinien folgende Bereiche:

  • den versicherbaren Personenkreis ( z.B. steht dann da: nicht versicherbar sind Künstler, Sprengstoffexperten, Berufssportler… oder Personen mit negativen Bonitätsmerkmalen…oder Saisonarbeiter…)
  • die maximale Höhe des Versicherungsschutzes und eventuelle zusätzliche Auflagen ( z.B. maximale BU-Rente für Studenten 1000 €, BU-Rente maximal 80% vom Netto, höchstmögliches Tagegeld 200 €… oder ab 3000 € BU-Rente ist das Einkommen nachzuweisen, ab 2500 € BU-Rente ist ein ärztliches Gutachten nötig…)
  • bestehende Erkrankungen, die eine Versicherung ausschließen ( z.B. schwere Herzkrnkheiten, Schwere Leberschädigungen oder Alkoholismus…)
  • Freizeitaktivitäten, die eine Versicherung ausschließen ( z.B. Thai Boxen, Motorradrennen, Fallschirmspringen, Höhlentauchen…)

Annahmerichtlinien sind nicht bei allen Versicherern gleich. Gerade bei den Höchstsummen, die noch ohne zusätzlichen Auflagen versicherbar sind oder auch bei den mitversicherbaren Freizeitaktivitäten unterscheiden sie sich zum Teil deutlich. Da lohnt sich auf jeden Fall das Gespräch mit dem Experten.

 

 

 

Jul 112012
 

Mit der Versicherungsvertragsgesetzreform ( VVG Reform ) im Jahre 2008 hat sich einiges grundlegend verändert. So ist unter anderem der §55 des alten VVG, der das Bereicherungsverbot regelte, ersatzlos gestrichen worden. Im neuen VVG taucht dieses Verbot lediglich noch im §200 in Bezug auf die Krankenversicherung auf.

Was bedeutete Bereicherungsverbot und für welche Versicherungen galt es

Es bedeutete, vereinfacht, dass kein Versicherter nach einem Schadenfall besser da stehen dürfe als vorher. Er sollte sich also durch einen Schaden nicht bereichern. Das galt für alle Schadensversicherungen ( Hausrat-, Haftpflicht- und Feuerversicherung z.B.) und für einige Summenversicherungen wie z.B. auch die BU-Versicherung. Eine Regelung, die im Grunde jedem einleuchtete.

Zeiten ändern sich

Im Falle der Berufsunfähigkeitsversicherung hat eine sich wandelnde Arbeitswelt diese starre Regel unpraktikabel gemacht. Karrieren entwickeln sich nicht mehr immer nur nach oben. Arbeitgeber werden gewechselt, Gehälter gehen hoch und runter oder Pausen werden eingelegt. Das hätten Sie Ihrer BU Versicherung früher alles anzeigen müssen, hätten bei Gehaltseinbußen jedesmal die vereinbarte Rente nach unten korrigieren müssen und bei Erhöhungen jedesmal wieder Gesundheitsfragen beantworten müssen. Zum Glück wurde das abgeschafft.

Angemessene Höhe

Nun,, da das Gesetz es theoretisch zuließe 3000 € BU Rente zu versichern auch wenn man nur 1000 € verdient, achten die Versicherer selbst darauf, dass zumindest zum Zeitpunkt der Antragstellung die BU Rente aus ihrer Sicht angemessen ist. Die Annahmerichtlinien unterscheiden sich im Detail aber alle begrenzen die Höhe der abschliessbaren Rente auf Werte zwischen 70% und 100% des Nettoeinkommens. Ausnahmen gibt es für Hausfrauen, Azubis und Studenten. Verständlich ist das, weil natürlich ihr subjektives Risiko steigt. Jemand, für den es finanziell attraktiv ist eine BU Rente zu beantragen, der tut es vielleicht auch eher.

War die beantragte BU Rente aber bei Antragstellung angemessen, dann bekommen Sie sie im Fall der Fälle, selbst wenn sich ihre finanzielle Situation später verschlechtert. Schließlich zahlen Sie ja auch Prämie dafür. Gehaltsschwankungen und auch Berufswechsel müssen Sie bei guten Versicherern heute nicht mehr anzeigen. Zu beachten sind automatische dynamische Erhöhungen. Da gibt es einige Versicherer, die vorschreiben, dass Sie melden müssen, wenn diese nicht mehr angemessen sind.

Krankentagegeld

Für die Krankentagegeldversicherung gibt es eine Sonderregelung. Obwohl vom Wesen eigentlich eine Summenversicherung ist sie als Absicherung des Verdienstes gedacht und hier bestimmt der §192 VVG : der Versicherer ist nur verpflichtet den durch Arbeitsunfähigkeit verursachten Verdienstausfall zu ersetzen. Es ist also nicht möglich mehr Tagegeld zu kassieren als man vorher verdient hat und das prüfen die Versicherer im Leistungsfall auch durchaus.

 

 

 

 

 

 

Jul 072012
 

Krankentagegeld ist steuerfrei, allerdings gibt es für das Krankengeld der gesetzlichen Krankenkassen den Progressionsvorbehalt. “Was ist das denn?” fragen mich dann die meisten Kunden, wenn das Gespräch darauf kommt. Deshalb heute hier mal der Versuch einer anschaulichen Erklärung.

Progressionsvorbehalt bedeutet, dass das Krankengeld selbst zwar nicht versteuert werden muss, es aber auf die verbleibenden zu versteuernden Einkünfte des Jahres für die Berechnung des Steuersatzes aufgeschlagen wird.

Beispiel

Ein Arbeitnehmer mit einem Gehalt von 2.500 € im Monat war von Januar bis Juni gesund und tätig wie immer, dann wurde er krank. Die ersten 6 Wochen bekam er noch Lohnfortzahlung, so dass er insgesamt im Zeitraum 01.01. – 14.08. auf 18.750 € zu versteuerndes Einkommen gekommen ist. Für den Rest des Jahres erhielt er 1.500 € Krankengeld monatlich, insgesamt also 6.750 €. Wenn er nun für das ganze Jahr wirklich nur die 18.750 € versteuern müsste, würde ihn das lediglich 2.300 € kosten. Das Finanzamt rechnet aber das Krankengeld hinzu, kommt so auf 25.500 € und darauf entfielen 4.200 € Steuern. Das entspräche einem Durchschnittssteuersatz von 16,47 %. Mit diesen 16,47 % werden dann seine 18.750 € letztlich besteuert und das bedeutet für ihn 3.088 €.

Aber keine Angst, nachzahlen wird er trotzdem nicht müssen, denn seine Lohnbuchhaltung ist ja in den ersten 6 Monaten des Jahres noch davon ausgegangen, er würde das ganze Jahr durch arbeiten und insgesamt 30.000 € verdienen und dem entsprechend viel haben sie von seinem Gehalt bereits abgezogen. Er wird sogar noch ein bisschen wieder kriegen, nur halt nicht soviel, wie er sich erhofft hatte.

Kein Progressionsvorbehalt für privates Tagegeld

Die 250 € monatlich von seiner privaten Krankentagegeldversicherung, die er in weiser Voraussicht abgeschlossen hatte, kann sich unser Beispiel – Arbeitnehmer übrigens tatsächlich steuerfrei in die Tasche stecken, denn für private Tagegelder gilt kein Progressionsvorbehalt.

Ein wenig ungerecht, fand ein freiwillig gesetzlich versicherter gut verdienender Angestellter und klagte dagegen. Er sah sich seinen privat versicherten Kollegen gegenüber deutlich schlechter gestellt und Recht hat er. Aber verloren hat er vor Gericht trotzdem.

Jul 032012
 

Die gerade vom Bundestag beschlossene Pflegereform sieht, neben kleinen Verbesserungen für Demenzkranke und der Förderung von Pflege WGs, auch einen staatlichen Zuschuss zu einer privaten Pflegetagegeldversicherung vor. Diese neue Pflegezusatzversicherung, im Volksmund bereits Pflege – Bahr getauft, soll jeden Interessierten, unabhängig von seinem Gesundheitszustand, aufnehmen, für Frauen und Männer gleich teuer sein und in der Pflegestufe III mindestens 600 € monatliches Pflegegeld leisten. Jeder Bürger, der seinerseits mindestens 10 € in solch eine Pflegeversicherung einzahlt, bekommt 5 € Förderung pro Monat oben drauf.

Viel Kritik von Opposition

Opposition, Gewerkschaften und Sozialverbände liefen Sturm gegen diesen Vorschlag der Regierung und manch Befürchtung mag berechtigt sein. So bleibt abzuwarten, ob nicht die Förderung von den Kosten des bürokratischen Aufwands aufgefressen wird oder ob der Zwang jeden aufnehmen zu müssen die Versicherung so verteuert, dass sie für gesunde Menschen unattraktiv wird. Das alles werden wir erst wirklich beurteilen können, wenn die Versicherer die ersten Fördertarife vorgestellt haben.

Bei aller vielleicht berechtigten Kritik lassen allerdings so einige Begründungen für eine ablehnende Haltung tief blicken. So äußerte der Sozialverband Volkssolidarität z. B. , Niedrigverdiener und Arbeitslose hätten nichts von den monatlich 5 € Zuschuss, weil eine ausreichende Zusatzversorgung für sie nicht finanzierbar oder nicht lohnenswert wäre. “Nicht lohnenswert” heisst nichts anderes als: wer nichts hat, bekommt seinen Pflegeplatz sowieso von der Sozialhilfe bezahlt, was diese bzw. jede Form der Eigenvorsorge unlukrativ und überflüssig macht. Und deshalb sollen alle anderen, für die Eigenvorsorge sehr wohl “lohnenswert” und sinnvoll wäre, gefälligst auch nichts kriegen. Warum eigentlich nicht?

Ein starkes Signal für die Menschen

sei die Förderung, sagte Gesundheitsminister Bahr und da gebe ich ihm Recht, wenn auch aus anderen Gründen. Mit dieser Förderungsidee gibt die Regierung zu, dass die Leistungen der sozielen Pflegeversicherung unzureichend sind und bleiben werden und legt jedem, der dazu in der Lage ist, dringend ans Herz, selbst zusätzlich vorzusorgen. Das ist das eigentliche  Signal.